FAIR Play – FAIR Pay – Hier läuft nicht alles rund

20 Mai 2020 | HANDlungsimpulse

Fair Play – Fair Pay

Hier läuft nicht alles rund

Das Runde muss ins Eckige, so einfach hat es einst der Weltmeistertrainer Sepp Herberger auf den Punkt gebracht, um dieses Spiel, dass Milliarden Menschen weltweit begeistert, zu beschreiben. Millionen Zuschauer weltweit fieberten in Zeiten von Corona den Neustart der Bundesliga entgegen. Auch ich liebe diesen Sport. Aber hinter dem Glanz, den Fußball verbreitet, gibt es Geschichten, die so gar nicht zu diesem Image passen wollen. Denn leider läuft auch in der Fußballindustrie bei weitem nicht alles rund. In WM-Jahren werden bis zu 60 Millionen Fußbälle weltweit produziert, davon alleine rund 65% in Pakistan. Auch heute noch sind 65% aller Bälle handgenäht, vielerorts in Heimarbeit. Die globale Hauptstadt der Ballproduktion ist die Stadt Sialkot in Pakistan. Rund 700 Produzenten haben sich hier angesiedelt und unzählige Nähzentren im Stadtgebiet etabliert. Gerade einmal 7 dieser Hersteller sind Fairtrade-zertifiziert. Die Arbeitsbedingungen sind of katastrophal. Gerade in Zeiten der Corona-Krise, wo wir zeigen, wozu wir in der Lage sind, um einige Menschenleben zu retten, ist es mir unerträglich, dass wir dann an anderer Stelle sehenden Auges Leid und Tod in Kauf nehmen.

Der verdiente Lohn?

Bei der traditionellen Produktion eines Fußballs werden zunächst die meist sechseckigen Paneelen geschnitten. Dann wird auf den Paneelen der Schriftzug aufgebracht und im Anschluss werden die Löcher gestanzt. Die Näherinnen bekommen dann das Ganze als Bausatz mit Nadel und Faden angeliefert. Anschließend werden die Bälle in Heimarbeit oder alternativ in kleinen Nähzentren fertiggestellt. Im Mittel benötigt eine erfahrene Näherin 75 Minuten für die 720 Stiche. Das Nähen der Bälle ist harte Arbeit. Am Ende erhält die Näherin als Lohn oft weniger als zehn Cent pro Ball. Das ist auch in Pakistan zum Leben zu wenig. Kein Wunder also, dass in vielen Familien auch die Kinder zum Überleben der Familie beitragen müssen, anstatt eine Schule zu besuchen. In der Ballindustrie ist es wohl gelungen, Kinderarbeit weitgehend zu einzudämmen. Das hat aber nur dazu geführt, dass die Kinder jetzt in anderen Sektoren arbeiten. Wer will es den Familien verdenken, solange das Gehalt der Eltern nicht zum (Über-)Leben reicht.

Aber es auch anders geht! Faire Bälle in Top Qualität, kein Problem! Auch Sportkleidung gibt es längst. Das zeigen Unternehmen wie die Bad Boyz aus Nürnberg (https://www.badboyzballfabrik.com) oder Clubkollektion (https://clubkollektion.de ) aus Berlin. Überhaupt, um mal mit einem unsinnigen Vorurteil aufzuräumen: Fair und Qualität das hängt in etwa so zusammen wie die Klingel an meinem Fahrrad und meine Fähigkeit schnell zu fahren, also überhaupt nicht. Ich bekomme die Qualität, die ich fordere und zu zahlen bereit bin! Ob dabei aber Menschenrechte in der Produktion und Lieferkette eingehalten werden, das steht noch einmal auf einem ganz anderen Blatt. Auf wenn wir alle im Fußball ständig von Fair Play reden, für die meisten Menschen in den Fabriken hinter der Glitzerwelt der Stars, wo die Bälle und Trikots hergestellt werden, ist der Arbeitsalltag alles andere als Fair. Unbezahlte Mehrarbeit, Löhne die nicht existenzsichernd sind, das Unterbinden gewerkschaftlicher Organisation, all das ist traurige Realität. Fairtrade, das heißt faire, die Existenz sichernde Löhne, gesunde Arbeitsbedingungen und Zugang zu Gesundheitsversorgung für die Näherinnen.

„Fair Play“ nicht nur auf dem Spielfeld

Damit es nicht nur auf dem Platz, sondern auch in den Produktionsstätten fair zugeht, müssten wir in unseren Vereinen und Schulen auch für das Spielgeschehen hinter den Kulissen Verantwortung übernehmen. Wie gesagt, es gibt Alternativen, auch wenn diese noch rar gesäht sind, denn die Nachfrage ist (noch) sehr gering. Das liegt sicherlich auch an den Sponsoring Verträgen von Nike, adidas und Co., die sich mit dem unfair verdienten Milliarden Monopole zur Nutzung ihrer Produkte bei DFB, UEFA, in den Profi-Ligen etc. erkaufen.

Vor einigen Jahren hatte ich die Produktion des fairen Frankenballs organisiert. „Franken spielt fair“ ist auf dem Ball zu lesen. Noch sind wir von diesem Wunsch weit entfernt. Aber haben wir nicht alle in unseren Familien jemanden der Sport macht? Lasst uns ein Zeichen setzen! Es wäre doch schön, wenn auf den Sportplätzen der Vereine und Schulen zukünftig „Fair Play“ gleich in doppelter Hinsicht Einzug hielte. Der Ball liegt im Spielfeld unserer Vereine!