Klimaschutz, Solidarität und Corona lassen sich nicht gegeneinander aufrechnen!

17 Mai 2020 | KOPFsache

Mit der Corona-Pandemie und den daraus resultierenden negativen Auswirkungen werden die Rufe lauter, Klimaschutz und Nachhaltigkeit müssten jetzt erst einmal hintenangestellt werden, wenn es um die kurz- und mittelfristigen Prioritäten für unser Wirtschaftssystem geht. Dabei zeigt uns diese Krise doch gerade eindrücklich auf, wie wichtig es ist, nicht unvorbereitet darauf zu warten, bis uns die nächste Katastrophe trifft. Und im Gegensatz zum Corona-Virus, das uns in der Tat unvorbereitet getroffen hat, sind die Folgen einer verfehlten Umwelt- und Klimapolitik längst hinreichend beschrieben und Maßnahmen für Politik und Unternehmen in den nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs), dem Pariser Klimaschutzabkommen, der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und vielen anderen internationalen Vereinbarungen definiert. Noch haben wir es in der Hand, die im Vergleich zu Corona deutlich längerfristigen und gravierenderen negativen Effekte einer verfehlten Umwelt- und Klimapolitik abzuwenden. Es sollte klar sein: Klimaschutz, Solidarität und Corona lassen sich nicht gegeneinander aufrechnen!

Nachhaltig zusammen!

Der Bundesverband der grünen Wirtschaft UnternehmensGrün will deshalb mit seinem Aufruf „Unternehmen zusammen für Nachhaltigkeit – wir bleiben dran!“ ein Zeichen setzen. Die unterzeichnenden Unternehmen fordern die Regierung dazu auf, den Neustart der Wirtschaft unter die Vorzeichen einer solidarischen und ökologischen Transformation zu stellen (https://nachhaltig-zusammen.de). Stand letzte Woche hatten bereits 679 Unternehmen diesen Aufruf gezeichnet, um daran zu erinnern, dass wir gerade jetzt die Umwelt- und Klimapolitik für Unternehmen nicht aus den Augen verlieren dürfen. Die Unternehmen fordern, die mittel- und langfristigen Konjunkturprogramme so klug auszugestalten, dass sie die notwendige öko-soziale Transformation der Wirtschaft voranbringen. Dafür müssten Konjunkturprogramme mit dem 1,5-Grad-Ziel und dem Europäischen Green Deal, den SDG’s etc. verknüpft werden, damit es nicht zu Fehlinvestitionen komme. 

Genau! Corona hat gezeigt: Wenn wir wollen, dann können wir unmöglich Scheinendes möglich machen. Warum nicht all die Milliarden für die Transformation unserer Wirtschaft nutzen und so Arbeitsplätze mit Zukunft schaffen und den notwendigen Umbau hin zu klima- und umweltfreundlichen Industrien jetzt beschleunigt und subventioniert vollziehen. So könnte man beispielsweise statt einer unsinnigen Abwrackprämie die ökologische Sanierung von Industrie- und Fertigungsanlagen und Gebäuden, den Umbau auf Kreislaufwirtschaft beim Design neuer Produkte, den Ökolandbau, eine Stärkung von Regionalkreisläufen in den Lieferketten etc. nützen. 

Es wäre nicht vermittelbar, wenn wir nach dieser globalen Tragödie sehenden Auges auf ein neues noch größeres Desaster zusteuern würden. Corona hat uns hoffentlich klar gemacht, wie fragil diese globalisierte Wirtschaft ist. Seit nunmehr 70 Jahren haben wir, unterbrochen durch kleine Dämpfer, in den Industrienationen auf der Welle eines sich stetig vermehrenden Wohlstandes gelebt. Die Erinnerung an Elend und Notstand war in unserem kollektiven Gedächtnis verblasst. Corona ist gewissermaßen unsere Schocktherapie. Corona führt uns vor Augen, was die Auswirkungen einer globalen Krise sind, die Millionen Menschen ihrer Existenz berauben und eine Welle von Leid und Notstand über die Welt bringt. Wir haben es (noch) in der Hand, unsere globale Wirtschaft nun umzugestalten, ökologisch und solidarisch, für Mensch und Natur. Das braucht jede und jeden von uns. Unsere Kinder werden unsere Generation wohl danach bewerten, ob und wie wir diese Krise zum Umbau unseres kranken Wirtschaftssystems genutzt haben. In diesen Tagen muss ich immer wieder an Dietrich Bonnhöfer denken. Er macht mir Mut. Er schrieb einst in seinem Band Widerstand und Ergebung: „Wenn schon die Illusion im Leben der Menschen eine so große Macht hat, dass sie das Leben in Gang hält, wie groß ist dann erst die Macht, die eine absolut begründete Hoffnung für das Leben hat, und wie unbesiegbar ist so ein Leben.“ Das ist auch meine Hoffnung!