Umsteigen bitte

12 Mrz 2020 | HANDlungsimpulse

Jeden Tag legen wir Deutschen laut der Studie „Mobilität in Deutschland“ 3,2 Milliarden Kilometer zurück. Pro Person sind das täglich 39 Kilometer, Tendenz steigend. Das Auto bleibt dabei auch weiterhin das bevorzugte Verkehrsmittel. Rund ¾ der gefahrenen Kilometer legen wir im eigenen PKW zurück. Damit ist der Verkehrssektor ein wesentlicher Faktor für den Klimawandel. Ein Fünftel des in Deutschland ausgestoßenen CO2 geht auf das Konto des Verkehrs. 84 Prozent stammen direkt aus den Auspuffen von Fahrzeugen. Statt Reduktion sind die durch den Verkehr verursachten CO2-Emissionen in den letzten Jahren gestiegen. Wenn wir so weiter machen werden wir bereits in wenigen Jahren den kritischen Punkt von 2 Grad Erwärmung überschritten haben, mit unabsehbaren Folgen für die Menschheit. Um dieses Horrorszenario zu vermeiden müssen die Nettoemissionen von Treibhausgasen (insbesondere CO2) sehr rasch sinken und in den nächsten 20 bis 30 Jahren weltweit auf null reduziert werden. Es wird Zeit für eine Mobilitätswende!

Mobilität neu denken

Vermeiden und Verlagern heißt die Strategie des bereits 2014 von einem breiten Bündnis der Umweltverbände vorgelegten Studie für ein klimafreundliches Verkehrskonzept. Die Studie zeigt eine Welt, in der sich im Jahr 2050 50% weniger PKW in unseren Städten bewegen. Eine perfekte Vernetzung von öffentlichem Nahverkehr, Sharing Angeboten und Fahrradverkehr schafft attraktive Mobilitätsangebote. Zugeparkte Straßen und Staus gehören der Vergangenheit an. Stattdessen sorgen vermehrt Grünflächen für mehr Lebensqualität in den Städten. Das erfordert aber ein Umdenken in unseren Köpfen. Noch ist das eigene Auto ein Statussymbol und Zeichen unseres Wohlstandes. Hier gilt es umzudenken. Die Kernfrage wird in vielen Lebensbereichen sein: Will ich benutzen oder will ich besitzen? Wenn wir uns vom dem Gedanken lösen können, alles zu unserer exklusiven Nutzung zur Verfügung zu haben (gerade einmal 45 Minuten pro Tag ist ein PKW an einem durchschnittlichen Tag unterwegs!), eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten für die Gestaltung zukunftstauglicher Verkehrskonzepte. Mit 43 Millionen Fahrzeugen besitzen wir mittlerweile mehr als ein Fahrzeug pro Haushalt und der Anteil der SUV’s hat sich seit 2008 verdoppelt.

Aber es tut sich was. Im Londoner Stadtteil Brixton hatten Forscher erst 2017 eine schlimmere Stickoxid-Belastung als in Peking gemessen. Nun hat London neben der Citymaut auch eine Umweltmaut für PKW’s mit veralteteten Euro-Abgasnormen eingeführt. In Kopenhagen werden rund 38% aller Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt. Über Jahrzehnte hat die Stadt in ein attraktives Radwegenetz investiert und das zahlt sich aus. In Norwegen betrug 2018 der Anteil von Elektrofahrzeugen an den neu zugelassenen Fahrzeugen dank weitreichender Fördermaßnahmen und dem Ausbau der Ladeinfrastruktur mehr als 30 Prozent. Auch in Deutschland tut sich was. So hat das Bundesland Hessen eine Strategie vorgelegt, wie Hessen zum Vorreiter der Verkehrswende werden soll. Als Schlüssel hierfür hat das Bundesland die bessere Vernetzung von Mobilität und die Digitalisierung ausgemacht.

All diese Beispiele sind Puzzelsteine auf der Suche nach Lösungswegen um unser Bedürfnis nach Mobilität zu erfüllen ohne dabei Mensch und Umwelt an anderer Stelle Leid zuzufügen. Noch haben wir nicht die perfekte Stadt als Muster für die notwendige Mobilitätswende. Aber einige Dinge sind mittlerweile klar. Ein gut aufeinander abgestimmter Mix der Verkehrsmittel macht umweltfreundliche Alternativen attraktiv. Gerade auf dem Land ist eine gute Nahversorgung durch Dorfläden und der Einsatz von Bürgerbusen Teil der Mobilitätswende.

Wir alle sind gefordert unser Mobilitätsverhalten zu hinterfragen wenn die Mobilitätswende gelingen soll. Es wird in absehbarer Zeit keine Technologiewunder geben, die uns diese Bürde abnehmen. Das Elektroauto und -fahrrad ist sicherlich eine gute Ergänzung im Verkehrsmix aber sicherlich alleine nicht die Lösung. Die Zeit der immer weiter fortschreitenden Individualisierung unseres Lebensalltags ist vorbei. Probleme lassen sich nicht beim Einzelnen auflösen, noch nicht einmal auf nationalstaatlicher Ebene. Es Bedarf wohl in jedem von uns ein wachsendes Gefühl von Solidarität und Gemeinschaftsbewusstsein, wenn wir unseren Wohlstand und unseren so liebgewonnen Lebensalltag beibehalten wollen. Da nützt es nichts auf Andere zu warten. Neue Bewegungen entstehen, indem wir anfangen sie selbst zu leben.

Hier meine drei Tipps für Umsteiger:

1. Für Strecken unter drei Kilometer immer das Auto stehen lassen. Ihr werdet sehen, dass ist nicht nur gut fürs Klima, sondern ist gesund und macht Spaß!

2. Car-Sharing statt Autokauf spart jede Menge gelt und lässt uns die Ressource Auto mit mehr Bedacht nutzen.

3. Für den Transport ein Lastenrad leihen, z.B. https://lastenradfueralle.de. Ihr werdet staunen, was da so alles reinpasst! 

Also: Umsteigen bitte!

euer Frank Braun