Wer die Saat hat, hat das sagen

23 Feb 2021 | HANDlungsimpulse

Die Natur ist eine Meisterin der Vielfalt. Mehr als 3000 Kartoffelsorten gibt es beispielsweise weltweit.  Aber seit 1900 ist die Vielfalt unserer Kulturpflanzen durch die Industrialisierung der Landwirtschaft weltweit laut FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) dramatisch zurückgegangen. Mehr als drei Viertel unserer Kulturpflanzen, so deren Schätzungen, sind seither verloren gegangen. Gentechnik, Saatgut-Monopole, der Verlust an fruchtbaren Böden und Klimawandel tragen dazu bei.

 „Wer die Saat hat, hat das Sagen“, so hat es die Garten- und Saatgutaktivistin Anja Banzhaf in ihrem gleichnamigen Buch auf den Punkt gebracht. In der Tat lässt sich festhalten: Wer unser Saatgut kontrolliert, beherrscht die gesamte Nahrungsmittelkette. Saatgut ist ein Milliardengeschäft. Doch vielerorts kämpfen Bäuerinnen und Gärtner dafür, über ihr Saatgut und ihre Art der Landwirtschaft selbst zu bestimmen und diese als Gemeingüter vor einer Monopolisierung und Kommerzialisierung zu bewahren. Sie geben ihr Saatgutwissen weiter, tauschen bäuerliche Sorten und erproben zukunftsfähige Wege der Zusammenarbeit. Weltweit engagieren sich mittlerweile eine Vielzahl von Initiativen zum Erhalt alter Sorten und gegen Gentechnik und Kommerzialisierung von Saatgut gebildet. Auch viele Transition Town Initiativen (https://transitionnetwork.org) versuchen mit einer Vielzahl von Initiativen auf das Thema aufmerksam zu machen und kleine Inseln der Vielfalt in ihren Stadten aufblühen zu lassen, sei es in Stadtgärten, der Idee einer Essbaren Stadt (siehe z.B. https://essbare-stadt-nuernberg.de ) oder auch mit dem Saatgutfestivals und Saatguttauschbörsen. Der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt gibt einen guten Überblick über Termine: https://www.nutzpflanzenvielfalt.de/termine

Mit dem Saatgutfestival wollen die Initiativen Gelegenheit bieten, sich zum Thema zu informieren und die Welt des Saatguts zu entdecken. Vor allem aber geht es darum sich für das kommende Frühjahr mit Saatgut einzudecken und so selbst für ein kleines Stück Vielfalt zu sorgen. Egal ob im eigenen Garten, auf dem Balkon oder an der Brachfläche vor eurem Haus, eigentlich gibt es immer Möglichkeiten selbst etwas zur Artenvielfalt in unserer Stadt beizutragen. Leider wird das Angebot dieses Mal corona-bedingt deutlich kleiner ausfallen, aber es wird, so es denn klappt, wieder ein breites Angebot an Saatgut geben und auch wieder die Möglichkeit geben, eigenes Saatgut zu tauschen.  

Worauf sollten wir beim Kauf von Saatgut achten?

Für diejenigen, die es vielleicht nicht schaffen, an bei einem der Festivals vorbeizukommen, hier noch ein paar Hintergrundinformationen und Links in Sachen Saatgut, denn Saatgut ist nicht gleich Saatgut.

Wer ohne Kunstdünger und Pestizide auskommen möchte, der sollte auf Bio-Saatgut zurückgreifen. Sorten, die seit Generationen im Bioanbau gezogen wurden, sind sicherlich besser geeignet als solche, die seit Generationen an ihre Dosis Gift gewöhnt sind. Weiter ist es empfehlenswert samenfeste Sorten zu kaufen. Leider ist nicht alles was Bio ist auch samenfest. Samenfestes Saatgut unterscheidet sich von sogenannten Hybridsorten dadurch, dass du es selbst vermehren kannst, sprich, du kannst dir dein Saatgut für den kommenden Frühling dann selbst produzieren. Beim Hybrid-Saatgut werden zwei Arten oder Sorten gekreuzt um den Ertrag zu steigern, eine höhere Resistenz gegen Krankheiten zu bewirken oder schlicht schöne oder wohlschmeckende Früchte zu erzeugen. Klingt erst einmal ja ganz gut. Wäre da nicht das kleine Kürzel F1vorgestellt, denn der große Nachteil ist, dass diese Merkmale immer nur in der ersten Nachkommen-Generation, eben der F1, zum Tragen kommen. Ab der folgenden Generation beginnen sich die Merkmale wieder zu vermischen, die positiven Eigenschaften schwächen sich ab. Streng genommen sind F1-Hybriden also eigentlich gar keine Sorten im ursprünglichen Sinn und lassen sich daher auch nicht in Gendatenbanken erhalten. So bewahren sich die Saatgutkonzerne ihr Monopol auf das Saatgut und schränken die Vielfalt ein. Generell gilt für Saatgut, es nicht lange zu lagern sondern im gleichen Jahr auszusäen, da sich ansonsten die Keimfähigkeit verringert. Gutes Saatgut hat eine höhere Keimfähigkeit. So braucht ihr weniger Saatgut für gleichen Ertrag.

Wenn ihr noch mehr zum Thema wissen wollt oder euch mit Saatgut eindecken wollt, hier noch ein schöner Überblick zu Biosaatgutanbietern:

https://anstattdessen.de/saatgut/ 

Viel Spaß beim Züchten und Pflanzen wünscht

Frank Braun